Nach dem allgemeinen Überblick im letzten Beitrag hier zunächst noch einige interessante Zahlen. Im Anschluss erfolgt ein detaillierterer Blick auf den Deliktbereich Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben.
- Zunahme der Zahl der OK-Verfahren von 535 auf 579 u.a., weil Ergebnisse der Finanzkontrolle Schwarzarbeit erstmals einbezogen wurden. Dabei ist die sog. Schwarzarbeit insbesondere unter dem Aspekt der Geldwäsche als Vortat stärker in den Fokus gerückt.
- Bei den Kriminalitätsbereichen liegt unverändert Rauschgifthandel/-schmuggel mit mehr als einem Drittel der Fälle an der Spitze. Einen starken Anstieg gab es im Bereich Kriminalität i. Z. m. dem Wirtschaftsleben, wozu auch die o.g. Fälle von Schwarzarbeit beitrugen. An dritter Stelle liegen unverändert Eigentumsdelikte – zusammen mit der Schleusungskriminalität decken diese vier Bereiche über 75% der Verfahren ab. Allerdings sind auch in einem Drittel der Fälle mehrere Delikte gleichzeitig betroffen.
- Im Lagebild für 2019 zeigt sich zwar auch ein Anstieg der unter Nutzung des Internet verübten Kriminalfälle, allerdings dürfte dieser Teil gerade durch die Corona-Situation in 2020 eine drastische Steigerung erfahren.
- In 3 von 4 Fällen sind die Täterstrukturen bei der organisierten Kriminalität heterogen i.S., dass Tatverdächtige unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten angehören.
- Der Schaden durch OK hat sich von 691 Mio. Euro in 2018 auf über 800 Mio. Euro in 2019 erhöht, der größte Einzelschaden betrug 350 Mio. Euro! Die kriminellen Erträge haben auf 644 Mio. Euro leicht abgenommen; gesteigert werden konnten hingegen die vorläufig sichergestellten Vermögenswerte (von 72 auf 116 Mio.). Allerdings liegt dieser Wert immer noch zu niedrig, um die gewünschte abschreckende Wirkung durchgehend zu erzielen und zeigt auf, dass es für die Polizei sehr schwierig ist, die Verschleierungsmaßnahmen der OK-Gruppierungen aufzudecken.
- Die lukrativsten Deliktbereiche für OK-Gruppierungen waren die Kriminalität i. Z. m. dem Wirtschaftsleben und die Steuer-/Zolldelikte. Besonders große Summen werden dabei in Einzelfällen im Zusammenhang mit illegalen Finanzdienstleistungen bewegt. Allerdings gilt es zu berücksichtigen, dass bei Verfahren, die sich z.T. über mehrere Jahre hinziehen, diese nur im ersten Jahr in der Statistik erfasst werden.
Im Bereich der Kriminalität i. Z. m. dem Wirtschaftsleben werden zahlreiche verschiedene Delikte zusammengefasst, so auch Betrug durch Callcenter, die „Seniorentricks“ unter Nutzung falscher Polizeibeamter, aber auch Anlage- und Finanzdelikte sowie die Veruntreuung von Arbeitsentgelten.
Ein besonders krasses Fallbeispiel aus der Fleischverarbeitung:
Aufgrund von Hinweisen verschiedener Stellen wurde festgestellt, dass ausländische Unternehmen osteuropäische Arbeitnehmer im Rahmen von (Schein-)Werkverträgen in Unternehmen der Fleischverarbeitung ohne Arbeitsgenehmigung einsetzen. Die Ermittlungen bestätigten die Hinweise auch bezüglich nicht ordnungsgemäß angemeldeter Arbeitsentgelte und Sozialversicherungsbeiträge. Vorgegangen wurde durch Gründung von Unternehmen, die maximal zwei Jahre existierten, es wurde ein umfangreiches Firmengeflecht aufgebaut, um die vorwiegend rumänischen und polnischen Arbeitnehmer über die Einschaltung von dafür gegründeten Auslandsgesellschaften und Subunternehmen in hiesigen Fleischzerlegungsbetrieben und Schlachthöfen kostengünstig einzusetzen. Es konnte nachgewiesen werden, dass Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 17 Mio. Euro vorenthalten sowie Lohnsteuer in Höhe von rund 7,5 Mio. und Umsatzsteuer im hohen zweistelligen Millionenbereich hinterzogen wurde. Der Haupttäter wurde zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt.
Das Verfahren zeigt die strukturierte und planvolle Vorgehensweise von OK-Gruppierungen, um eigens rekrutierte Arbeitnehmer auf dem deutschen Arbeitsmarkt in der fleischverarbeitenden Industrie zu vermitteln. Diese nutzen den in diesem Bereich seit längerem herrschenden Mangel an Arbeitskräften konsequent aus.
Kurz & knapp: Was ist eigentlich organisierte Kriminalität?
Laut der gebräuchlichen Arbeitsdefinition ist „organisierte Kriminalität die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer
- unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen oder
- unter Anwendung von Gewalt oder
- unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung etc.
zusammenwirken.
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Erstellung unternehmensspezifischer Risikoanalysen
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Entwicklung und Implementierung interner Sicherungsmaßnahmen
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Prüfung von Verdachtsfällen und Erstellung von Verdachtsmeldungen
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Kommunikation mit Behörden
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AML-Audit: Überprüfung bestehender Risikomanagementsysteme
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Mitarbeiterschulungen (Inhouse) zur Geldwäscheprävention
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Seminare / Workshops / Vorträge